Über mich (M) Ein Leben mit Lipödem!
Im Januar 23 feierte ich meinen 44. Geburtstag und muss und möchte einen neuen Lebensabschnitt antreten.
Seit über 12 Jahren bin ich selbstständige Fitnesstrainerin und habe meinem Leben ganz dem Thema Sport und Gesundheit gewidmet.
Seit 2019 habe ich ein eigenes Studio, dass sich eher der Kategorie Gesundheitsstudio anlehnt, statt typische Muckibude zu sein.
Die vergangenen Jahre haben mich schon ordentlich herausgefordert und ich dachte, so viel mehr kann ja nicht mehr kommen.
Doch Anfang Dezember kam die Diagnose - Lipödem Stadium 2.
Ich schob den Gedanken ganz weit weg…
Hormonelles Ungleichgewicht und eine OP im Sommer 22, haben das ganze wohl ordentlich getriggert und einen Schub ausgelöst.
Wegen eines Bauchwandbruchs, Nabelbruchs und einer Rektusdiastase, erfolgte eine Bauchdeckenplastik.
Seitdem bin ich diesbezüglich deutlich schmerzfreier, meine Organe bleiben endlich (auch beim Training) an ihren üblichen Plätzen und die Rückenschmerzen sind Geschichte. Doch nach der OP nahm ich am ganzen Körper ordentlich Umfang zu, besonders an den Beinen.
Anfänglich ging man „nur“ von einem Lymphstau aus. Nicht unüblich nach derartigen Operationen, zudem war es im Sommer 22 sehr heiß.
Aber auch hier tauchte schon öfter mal von Physiotherapeuten und Chirurgen, das Wort Lipödem auf, ich schob den Gedanken ganz weit weg…
In den vergangenen Jahren sprach mein Heilpraktiker es immer wieder mal aus. Egal wie trainiert ich war, meine Beine passten irgendwie nie richtig ins Bild.
Schon als junges Mädel und als Turnerin im Teenageralter, waren sie deutlich voluminöser. Wenn auch trainiert, doch irgendwie immer „zu viel“ für den restlichen Körper. Aber es war bis dahin irgendwie noch in annehmbarer Form. Schmerzen habe ich hingegen seit Jahren, hab die aber immer muskulär zugeordnet. Regelmäßige Lymphdrainage, Kompression und die Trainingsaufnahme nach 6-7 Wochen Heilungsverlauf, brachten eine Verbesserung. Der Umfang verringerte sich, doch die extremen Reiterhosen und die starke Vermehrung an den Oberschenkeln blieben, genau wie die schweren, schmerzenden Beine blieben.
Was ist Lipödem?
Lipödem ist eine Fettverteilungsstörung. Bedeutet, es werden krankhafte Fettpolster vermehrt an bestimmten Stellen, wie z.B. Reiterhosen, Oberschenkel und Gesäß angesiedelt. Auch die Arme, Waden und der Rücken/Nacken kann betroffen sein. Der Umfang kann so zunehmen,
dass simple Bewegungsabläufe nicht mehr möglich sind. Auch Fehlstellungen können entstehen. Gehen, sitzen, Liegen… die Stellen und die gesamten Gliedmaßen sind oftmals unproportioniert und extrem Druck- und schmerzempfindlich und neigen zu Hämatomen. Tag und Nacht!
Die Ursache ist noch unklar. Klar ist aber, Diäten und Training helfen nicht gegen die krankhaften Fettpolster. In der Regel betrifft diese Krankheit nur Frauen. Man glaubt, dass hormonelle Veränderungen wie Pubertät, Schwangerschaften und Wechseljahre die Krankheit auslösen können. Verschrieben bekommt man Lymphdrainagen und Kompressionswäsche. Bei vielen Frauen entsteht ein Lipo-Lymphödem. Einzig eine Lipsosuktion (Fettabsaugung) hilft derzeit gegen diese erkrankten Fettzellen und beugt ihnen vor. Zumindest an den abgesaugten Regionen, denn es besteht die Möglichkeit, dass die Fettzellen sich dann an anderen Körperregionen vermehren! Die Krankenkassen zahlen diese Operationen erst ab Stadium 3 und auch nur dann, wenn so einige Voraussetzung erfüllt sind. Oftmals ist das ein sehr langwieriger Weg - mit wenig Aussicht auf Erfolg der Kostenübernahme. Viele Frauen leiden derweil an schweren Depressionen, Schmerzen und starken Bewegungseinschränkungen. Häufig erleiden sie dabei auch Essstörungen. Gefangen im Crash- und Diätwahn, erhoffen sie sich Besserung und verzweifeln nicht selten daran.
Diese Krankheit kann jede Frau treffen. Unabhängig vom Alter und ihrem Gewicht. Ob sie schlank oder übergewichtig ist, ist davon völlig unabhängig. Wenn du es hast, hast du es und du wirst damit ziemlich alleingelassen. Ich habe mich für eine Operation entschlossen, die sehr viel Geld kosten wird. Ich möchte nicht erst derartig eingeschränkt sein, dass ich meinen Job oder einfache alltägliche Alltagsherausforderungen nicht mehr leisten kann. Ich finde es schlimm, dass die Kassen lieber höhere Kosten für Therapien und Folgen der Krankheit zahlen, statt für Operationen, die helfen können. Allerdings ist die Entscheidung keine leichte. Denn nach der OP bleibt überschüssige Haut, mit der ich (und auch betroffene Frauen) auch irgendwie leben muss…
Ich finde es schlimm, dass es so wenige Informationen und Unterstützung für betroffene Frauen gibt. Ich fühle mich damit sehr alleine, manchmal - nein, eigentlich andauernd, begleitet mich ein großes Schamgefühl. Ja, mich! Wo ich eigentlich mit mir selbst im Reinen war und meinen Körper immer hingenommen habe, wie er ist. Als ein typischer Frauenkörper, im Alter von 44 Jahren, der vier Kinder ausgetragen hat und im Beruf und Alltag dennoch recht trainiert und leistungsfähig ist. Seit Dezember bin ich voller Scham, Verzweiflung und riesengroßer Wut! Und ich bin sicher, es gibt einige Frauen im Landkreis Schaumburg, die sich genauso alleine und hilflos fühlen.
Lipödem - Treffunkt SHG
Ich habe für Lipödem betroffene Frauen im LK Schaumburg und Umgebung eine Gruppe auf Facebook gegründet und möchte in Zukunft auch monatliche Treffen im Studio organisieren. Zudem habe ich unseren Kursplan um „Fit mit Lipödem“ erweitert. Ich stehe mit einigen Ärzten, Vereinen und Organisationen im Kontakt, die mich bzw. uns dabei unterstützen und informieren sollen und wollen.
Ich versuche weiterzumachen, solange ich kann. Wahrscheinlich werde ich an der gesamten Problematik nichts groß verändern können, aber ich hoffe, ich kann so wenigstens einen kleinen Beitrag leisten und einigen Frauen (und sie mir!) eine Stütze sein und zumindest in meinem Umkreis aufklären und informieren.
Wenn du selbst betroffen bist oder eine Möglichkeit der Unterstützung siehst, melde dich gerne bei mir.
Gemeinsam schaffen wir dann vielleicht eine Veränderung!
Herzliche Grüße
Nadine